(Durch die Länge bedingt läßt sich dieser Beitrag nicht als Kommentar einfügen, deswegen an dieser Stelle.)
Kommunalpolitiker gegen Bürger:
0:2 nach Verlängerung
BfM zur Eröffnung von Aldi auf dem ehemaligen Merler Sportplatz
Es war kein Fußballspiel, das 14 Jahre lang um die Errichtung von Lebensmittelmärkten
ausgetragen wurde. Es war vielmehr ein Lehrstück über Kommunalpolitik gegen
Bürgerinteressen. Es findet am 5. Dezember 2013 mit der Eröffnung eines Aldi-Marktes
seinen viel zu späten, aber glücklichen Abschluss.
Bevor jetzt nach altem Brauch die Unbeteiligten und die Verhinderer sich auf die
Schulter klopfen und das Projekt Merler Nahversorgung als eigenen Erfolg darstellen, sollen
die Fakten sprechen.
1999/2000: Aus dem Stadtteil Merl mit ca. 5200 Einwohnern wird der Wunsch nach
einer Ansiedlung von Lebensmittelmärkten immer lauter. Bürger beginnen, sich zu
organisieren mit dem Ziel, diese Anliegen durchzusetzen.
2001: Die Bürgerprojektgruppe „ Merl-Steinbüchel“ hat sich gebildet. In einem von der
Bürgermeisterin Dr. Yvonne Kempen initiierten und von der Universität Bochum
begleiteten Workshop der Bürger ist man sich einig, dass dem klar erkennbaren Niedergang
des Stadtteils Steinbüchel nur durch die Ansiedlung eines Magnetbetriebs in der Nähe des
Sportplatzes entgegengewirkt werden kann. Das könnte auch zu einer Wiederbelebung der
Heroldpassage beitragen.
2001: Aldi will auf dem weitgehend ungenutzten Gelände der ehemaligen Bundesschule
des DRK einen Markt errichten und stellt eine entsprechende Bauvoranfrage. Die Stadt
lehnt ab; Aldi klagt.
2003: Die Stadt stellt ein Konzept zur Diskussion, das einen Aldi-Markt auf dem Merler
Sportplatz (Tennenplatz) und einen Burger King an der Kreuzung Gudenauer Allee/Paul-
Dickopf-Straße vorsieht.
2005: Der damalige Technische Beigeordnete Schwister stellt ein Konzept mit mehreren
Varianten vor. Das würde die Ansiedlung eines Vollsortimenters ermöglichen. Aldi, Norma
und Edeka wollen sich auf dem Sportplatz ansiedeln, Lidl neben der Tankstelle. Eine
Entscheidung wird nicht gefällt.
2007: 2317 Wahlberechtigte fordern in einem Bürgerbegehren ein Projekt, das sowohl
die Ansiedlung von Edeka als auch Aldi ermöglichen würde. Die Presse formuliert: „Ein
Stadtteil probt den Aufstand.“ Der Stadtrat – mit Ausnahme der „Fraktion für Bürger“ –
lehnt das Begehren ab. Zur Begründung wird ein Formfehler genannt.
Februar 2008: Die CDU legt einen Kompromissvorschlag mit 2200 qm Verkaufsfläche
vor. Die Bürgerprojektgruppe stimmt zu. Der Vorschlag findet im Stadtentwicklungsausschuss keine Mehrheit, weil bei 6 Ja- und 9 Nein-Stimmen auch zwei CDU-Mitglieder gegen diesen Antrag stimmen, darunter der heutige Bürgermeister.
November 2008: Der Rat legt eine Verkaufsfläche von maximal 1600 qm zur
Ansiedlung eines Vollsortimenters fest.
Oktober 2010, zwei Jahre später: Die Stadt stellt das Ergebnis der Ausschreibung vor. Edeka
ist jetzt nur noch einziger Bewerber.
2011: Das Oberverwaltungsgericht Münster fällt in letzter Instanz ein Urteil. Aldi
ist zu Unrecht der Bau eines Marktes in Merl verweigert worden. Jetzt drohen hohe
Schadenersatzforderungen von Aldi an Meckenheim. Zum Abwenden dieser Forderungen
beschließt der Rat, Aldi eine Fläche neben dem geplanten Edeka-Markt anzubieten. Der erste
Spatenstich für den Edeka-Markt ist inzwischen erfolgt.
November 2011: Die UWG macht 20 Namensvorschläge für die
Haupterschließungsstraße von der Gudenauer Allee zu den beiden Märkten, dabei Namen
wie "Holzweg", "Wutbürgerstraße", "Renitentenstraße", "Bürger-Projektgruppen-Allee"
oder "Dr. Yvonne Kempen Boulevard". Die Kritik von Ratsmitgliedern an diesen polemischen
Vorschlägen ist heftig. Im Fußball hätte es eine rote Karte gegeben.
2013: Der Edeka-Markt eröffnet am 17. September, Aldi am 5. Dezember. Nach 14 Jahren
haben sich die Bürgerinteressen durchgesetzt. Parallel beginnen die Arbeiten zum Bau von rund
50 Wohnhäusern.
Nach 14 Jahren haben sich die Bürgerinteressen durchgesetzt. Parallel beginnen
die
Arbeiten zum Bau von rund 50 Wohnhäusern. 14 Jahre kämpften die
Bürger am
Steinbüchel
um eine Nahversorgung.
Dass
für einen Stadtteil von ca. 5200 Einwohnern ein Lebensmittelmarkt in
fußläufiger
Entfernung
kein unangemessener Wunsch ist, wäre eigentlich von vornherein
einzusehen
gewesen.
Und dass eine leerstehende Verkaufsfläche von 300 qm in der
Heroldpassage als Lebensmittelmarkt
heute nicht rentabel betrieben werden kann, braucht auch nicht weiter erläutert
zu werden. Warum gab es diesen Widerstand vor allem von
Kommunalpolitikern, die
eher die Altstadt repräsentieren?
War der Stadtteil Merl nach der
Gebietsreform Ende der
60er Jahre noch nicht in allen Köpfen der Gesamtstadt angekommen?
Wollte man dem von
der Stadt 2008 in Auftrag gegebenen Gutachten der
Unternehmensberatung BBE nicht glauben,
das darstellte, dass kein unangemessener Kaufkraftabzug aus den
übrigen Stadtteilen
erfolgen würde? Konnte man sich nicht vorstellen, dass eine
Nahversorgung in Merl
auch Kaufkraft von außerhalb Meckenheims an sich ziehen kann?
Wieviele Steuereinnahmen
mögen Meckenheim in den Jahren der Verzögerung entgangen sein?
Die
Kritik z.B. aus der UWG, dass die beiden neu entstandenen Märkte
mehr als eine
Nahversorgung
sondern vielmehr als drittes Stadtzentrum zu betrachten sei, dürfte
stark
übertrieben
sein. Im Übrigen muss darauf hingewiesen werden, dass der Bau von
Aldi
zusätzlich
zu Edeka eine Spätfolge der Bauverhinderung von 2001 war. Wenn Aldi
auf dem
DRK-Gelände
hätte bauen dürfen, wäre das Thema „Nahversorgung“ so nicht
entstanden.
Noch
grundsätzlicher sind andere Gesichtspunkte in diesem Zusammenhang:
Welche
Bedeutung
haben die Interessen der Bürger in den Köpfen der
Kommunalpolitiker?
Glaubt man
heute tatsächlich noch, man könnte die Interessen der Bürger
ignorieren und vom Rat
aus von oben herab behandeln? Dass das nicht mehr geht, haben die
Wähler bei der Kommunalwahl
2009 gezeigt, als die meisten Ratsparteien abgestraft wurden – auch
wegen des
Themas Nahversorgung – und die neue Wählervereinigung BfM in den
Rat wählten.
Joachim Behne
Pressesprecher BfM
Warum die UWG nicht seinerzeit auch den Straßen-Namen "Allee der Oktober-Putschisten" in ewiger Erinnerung an den glorreichen Einsatz der "Meckenheimer Demokraten" vorgeschlagen hat, - das bleibt mir unerfindlich.
AntwortenLöschenB.L.