Kennen Sie die Situation aus dem Urlaub? An der Ecke steht ein Typ vor einem Tisch mit drei Bechern. Unter einem davon liegt eine Kugel oder ein Würfel. Die vor ihm stehenden Besucher, meist unbedarfte Touristen, müssen erraten, unter welchem. Einsatz sind 10 Euro.
Der Typ schiebt nun die Becher in rasanter Geschwindigkeit hin und her und redet dabei ununterbrochen.
Der Tourist tippt auf einen Becher - und? Treffer! Okay, nächste Runde, doppelt oder Nichts. Der Tourist legt den nächsten 10er auf den Tisch - wieder gewonnen! Yeah, weiter.
Jetzt hängt er am Haken. Nächste Runde, kein Treffer. Egal. Was zwei/dreimal funktioniert hat, muß doch noch einmal gehen.
Klappt aber nicht.
Der Trick ist einfach: Ab einer bestimmten Summe liegt keine Kugel mehr unter dem Becher, weil der Taschenspieler sie in der Hand behält. Folglich kann der Tourist gar nicht gewinnen.
Sollte er allerdings zu früh mit dem "gewonnenen" Geld fortgehen wollen, entsteht meist hinter ihm ein kleiner Tumult, der Tourist ist abgelenkt, wenn er sich wieder dem Tisch zuwendet, sind Spieler und Becher verschwunden.
So einfach geht das. Viel und schnell reden, ablenken - zack! Und der Dumme steht mit leeren Händen vor dem Tisch.
Ähnlich erscheint mir die Situation im Stadtentwicklungsausschuss am vergangenen Donnerstag: Die Bürgerprojektgruppe legt ihre Argumente auf den Tisch, Schulwegsicherheit, Senioren, Behinderte, die Ampel steht seit 1979 nach einem Antrag der CDU-Fraktion auf Empfehlung des Regierungspräsidenten usw.
"Ja." Sagt der städtische Verwaltungsfachmann. "Das stimmt."
Vom Regierungspräsidenten kam die Empfehlung für eine Ampel nach mehreren Anfragen, weil ein Zebrastreifen an dieser Stelle nicht zuässig war.
Darüber allerdings, dass der Antrag seinerzeit von der CDU eingebracht und vom kompletten Stadtrat einstimmig unterstützt wurde - kein Wort mehr.
Dafür redet er über die Kosten, etwa 1.400 Euro Wartung und 1.550 Stromkosten jährlich.
Und der unbedarfte Zuhörer denkt erst einmal "Ohja, fast 3000 Euro? Verdammt viel Geld für so eine Ampel"
Was nun der städtische Taschenspieler verschweigt: Die neuen Ampeln sind dank der modernen Technik mit LED´s jährlich fast 80 Prozent billiger. (Kurz gerechnet: 3.000 minus 80% ergäbe nun nur noch rund 600 Euro jährlich, hört sich schon besser an.)
"Der Bau einer Querunghilfe kostet rund 15.000 Euro, die Ampel in etwa das Gleiche," belehrt der Verwaltungsmann die Zuhörer. Aber da ja die hohen Unterhaltskosten fortfallen...
Er verschweigt allerdings wieder etwas: Für die Umrüstung auf modernste Technik gäbe es Zuschüsse von nahezu 7.000 Euro!
Dies freilich setzt die Kosten für eine Ampel auf den halben Preis der Querungshilfe herunter. Oder anders gerechnet: In den nächsten 10 Jahren täglich 3,60 Euro für die Sicherheit von Senioren, Behinderten, Schulkindern, Kindergartenkindern.
Nun kann man über die Gründe für den weiteren Verlauf der Sitzung spekulieren. Ist die Unions-Ratsfrau dem Verwaltungsmann nur auf den ablenkenden Leim gegangen? Ebenso wie der Ratsherr S., der die Frage stellte, warum eine Bürgerprojektgruppe Steinbüchel sich nicht um die fehlenden Ampeln in Altendorf, Ersdorf, Flerzheim kümmert? (Naja, warum sollte er sich etwas dabei denken, wenn die Gruppe das "Steinbüchel" im Namen hat!)
Oder war alles bereits vorher in der Unions-Fraktion abgesprochen, damit nur kein Schatten auf die Verwaltung und - noch wichtiger - auf ihren Chef fällt?
Aber wie auch immer:
Der Ausschuß hat beschlossen.
Die Ampel kommt weg.
"Wir haben fertig!", sagte Giovanni Trappatoni damals.
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PS: Die Zahlen kann jeder Interessierte leicht im Internet nachrecherchieren.
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PPS.: Den Diskussionsbeitrag des "Grünen" würdige ich gesondert. "Wo kommen wir hin, wenn wir hier mit Bürgern diskutieren?"
Ein basisdemokratischer Lehrvortrag.